Der digitale Tod durch PHP8 oder existenzbedrohende Schwellen beim Bloggen

Immer mehr Webseiten verschwinden, die vor ein paar Jahren noch Standard waren und damit auch das Wissen darin. Denn bei google finden wir es nicht, mit Glück bei archive.org, aber wer sucht da?

Ich erinnere beim Weltwissen nur an die GEO Reisecommunity und jetzt geht Trekearth. Sie gehen, weil die Webseiten nicht PHP8 können.

Als Adobe die Flash-Technik abschaffte, verschwanden bei mir und anderen über Nacht ganze Schätze mit Videos und Leben, Wissen und kulturellen Schätzen.

Dabei wäre es ja möglich, sog. Boxen zu programmieren, also geschützte Fenster im Betriebssystem, die die alten Techniken weiter zeigen.

Aber das ist wohl eher ein Problem von Menschen mit Geschichtsbewußtsein, die auch alte Inhalte in die Gegenwart holen wollen.

Trekearth

Trekearth war eine großartige Webseite. Sie fehlt denen, die um diese Horizonterweiterung wissen, andere haben diesen Horziont nicht erfahren dürfen. Das war bei der GEO Reisecommunity auch so, die aber aus kommerziellen Gründen aufgegeben wurde.

Es bleiben die großen Plattformen ohne viel Kreativität oder eigene Blogs und Webseiten.

Wie ich aber selbst gerade erlebt habe, ist die Technikumstellung sehr brutal.

Ich kann es nur noch einmal schreiben, relativ sicher sind nur Fotos im jpg Format und Texte im .txt Format, also normale ASCII Dateien.

Meine Webseiten hier haben auch nur 12 bis 15 Jahre überlebt, weil ich von Netobjects Fusion auf Data Becker webtodate umgestiegen bin und dann auf Microsoft Frontpage und dies alles ganz plötzlich irgendwann abgeschaltet wurde.

Der Umstieg auf WordPress und der Transfer einiger Inhalte ließ meine Webseiten dann weiterleben aber wie lange noch?

Meine gekauften Worpress Vorlagen waren alle nicht mehr änderbar durch die Verkäufer und der Umstieg auf PHP8 brach auch mir fast das Genick.

Ich hatte durch die WordPress Community noch Glück und fand Themes, die mit PHP8 zurechtkommen, aber nun muß ich mich dem vorgegebenen Layout fügen.

Ich bin auch kein Programmierer mehr, so daß dies alles in einem technischen und zeitlichen Rahmen passieren muß.

Hinzu kommen neben den Kosten vor allem die zusätzlichen Steine, die einem in den Weg gelegt werden. Da ist einmal die DSGVO, die selbst bei privaten Webseiten Erklärungen verlangt, die teilweise einfach dumm sind, weil sie nicht die Großen zähmen sondern die Kleinen gängeln. Und andererseite kommen dann so Gerichtsurteile, die dem Betreiber einer Webseite, die google Fonts einbindet, die Verantwortung aufbürden und ohne Cookie-Banner mit Geld bestrafen. Dabei wird dann auch noch übersehen, daß der Browser bei dem, der aufruft, sich die Schriften runterlädt – aber das nur am Rande. Also wird nun auch gebannert, selbst wenn man rein privat schreibt.

Ich erinnere mich noch an die Zeit als man mir von der tagesschau untersagte, Texte zu zitieren, weil das Urheberrecht bei der Tagesschau liege, obwohl die Texte nach ein paar Monaten gelöscht wurden und gar nicht mehr auffindbar waren und ich gez zahle und es mit öffentlichen Geldern alles gemacht wurde.

Oder noch besser. Eigentlich darf archive.org nach deutschem Recht gar keine Webseiten sichern und google keine Abbilder speichern. Aber bestraft werden nur die Kleinen, wobei im Fall von archive.org man froh sein kann, daß die es machen, sonst gäbe es ja gar kein Webarchiv.

Hinzu kommt noch der Tod des guten Textes. Digital werden immer mehr Texte so geschrieben, daß die Infohäppchen für Werbewörter bei google gut sind oder in den sozialen Netzwerken – aber nicht mehr für den inhaltlichen Zusammenhang.

Na ja, ich könnte noch vieles aufzählen wie z.B. das Thema Zitate und Linkverfall.

Stand heute am 10.11.22 funktionieren meine Webseiten wieder oder immer noch nach viel Arbeit und immer neuen Kompromissen.

Dadurch haben sie natürlich für mich einen besonderen Stellenwert, weil sie meine Auseinandersetzung mit Leben, Lebenszeit und Fotografie als Spiegel und Dokumentation gestern und heute im Zusammenhang zeigen.

Sie sind wie das Leben, mühsam, kreativ, ent-täuschend und real digital.

Und man muß sich dabei immer wieder neu erfinden, weil die Umstände es erforderlich machen. In diesem Sinne lebe ich jetzt mit PHP8 – es ist vollbracht!

Aber mir ist auch klar, daß ich eine aussterbende Spezies bin. Die meisten machen in Video und sinnerfassendes Lesen ist immer weniger verbreitet, und dann schreibe ich auch noch auf Deutsch statt in englischer Sprache.

Ich hoffe, ich kann in meiner Fotonische noch ein paar Jahre publizieren, visualisieren und reflektieren.

Nichts bleibt wie es ist, alles ändert sich und zuguterletzt bleibt nichts.

In diesem Sinne eine gute Zeit!

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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