Warum Cartier-Bresson für Leica so wichtig ist

Immer wieder wird die Frage diskutiert, warum eine Leica M9 so teuer ist? Weil diese Frage gerade wieder mal durch das Netz geistert, führte dies bei mir zu persönlichen Überlegungen, die ich hier publiziere. Da die Kamera auch nur digitale Fotos macht, muss es andere Gründe geben als die Bildqualität.

Henri Cartier-Bresson (HCB) gründete zusammen mit anderen die Fotoagentur Magnum, er war einer der berühmtesten Reporter des 20. Jahrhunderts und er bekannte sich zur Leica M als einzige und ausschließliche Kamera (bis auf die Minilux…).

Das 20. Jahrhundert und die Leica

Das ergab im 20. Jahrhundert bis weit in die 80er Jahre hinein eine glückliche Verbindung für beide Seiten. Als Cartier-Bressons Schwarzweißfotografie abgelöst wurde durch Farbe, als seine klare Geometrie dem Alles-Möglichen weichen musste und als die digitalen Kameras aufkamen, da sank die Wirkung.

Es war eine neue Zeit und ein neuer Zeitgeist da.

Der Siegeszug der Digitalkameras war fast der Untergang von Leica. Es scheint so, dass nur durch die Anstrengungen eines Milliardärs mit einem offenkundigen Faible für Leica  es gelingen konnte, das Ruder rumzureissen (was ja nicht schlecht sein muß).

Das 21. Jahrhundert

Aber heute ist die Welt anders. Es gibt nicht mehr den einen Reporter, der mit seiner Kamera die Sicht der Medien bestimmt. Es gibt auch nicht mehr das Bekenntnis nur zu einer Kamera. Und es gibt heute auch technisch andere Möglichkeiten.

Aber Leica hat mit der M9 das digitale Abbild der alten erfolgreichen Kamera geschaffen: das Kleinbild und den Messsucher.

Das neue Image

Und heute kann man keinen Fotografen mehr finden, der weltweit seine Fotos zum Thema Reportage und Strassenfotografie vermarktet, dabei an führender Stelle steht und dann auch noch ein klares Bekenntnis zur Leica M9 als einziges fotografisches Instrument ablegt. Was tun?

Wurde nun am Image gearbeitet? Fakt ist, es wurde eine Zusammenarbeit zwischen Leica und Magnum vereinbart, dann wurde die Leica „Hall of Fame“ eingerichtet. So wurden medienwirksame Verknüpfungen erzeugt, die auch in den Köpfen kreisen oder kreisen sollen.

Es scheint plausibel, dass da ein Image kreiert wurde, welches auf dem alten Image aufbaut und es in die Gegenwart holt. Hinzu kam offenbar die erfolgreiche Vermarktung der Leica in den Kreisen der Reichen, wobei diese Bilder eher irritierend wirken.

Bemerkenswert sind dabei natürlich ein paar kleine Einzelheiten. So gab es vor der Zusammenarbeit mit Leica Magnum-Fotografen, die offen sagten, dass sie mit Kompaktkameras arbeiten. An anderer Stelle hatte ich ebenfalls aus einer Webseite zitiert, auf der ein Magnum-Fotograf sich positiv zu Kompaktkameras äußerte. Der Artikel ist dort mittlerweile verschwunden und nur noch mein Zitat ist übriggeblieben. Aber google hat es dann woanders gefunden.

Und der erste Preis der Leica Hall of Fame ging an Steve Mccurry. Der benutzte aber Nikon. Oder etwa doch nicht? Man zweifelt, wenn man dieses Interview liest.

Vielleicht ändern sich ja Erinnerungen im Laufe der Zeit, wenn die Aktualität die Gedanken neu ordnet. Das ist oft auch ein Problem der Geschichtsschreibung, zwischen Erkenntnis und Interesse zu unterscheiden.

Ein Schelm, wer dabei an Dieter Hacker denkt.

Aber einer bleibt: Henri Cartier-Bresson. Seine Art zu fotografieren bleibt und seine Zeit auch. Sie ist vergangen und sie kommt nicht wieder.

Die soziale Gebrauchsweise der M9-Käufer

Aus meiner Sicht kann man an die Leica M9 noch eine andere Frage stellen: ist sie ein besonderes Beispiel für die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie?

Welche sozialen Gebrauchsweisen sind maßgeblich für die Eigentümer einer Leica M9?

  • Ich vermute, es sind entweder Sammler und/oder Amateure, die sich für Geld ein Image kaufen wollen.
  • Das Gefühl, sich ein Stück dieser Zeit kaufen zu können mit einer M9, ist vielleicht auch einer der Gründe.
  • Ein anderer Grund könnte das Merkmal der sozialen Unterscheidung sein, so wie auch nicht jeder sich ein Ticket für … leisten kann.

Und wenn man dies so betrachtet, dann hat man bei Leica mit der Imagebildung wahrscheinlich alles richtig gemacht.

Und deshalb ist Henri Cartier-Bresson so wichtig: weil er die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart für Leica ist.

Übrigens, in dem folgenden Film, der nach dem Artikel gesendet wurde, finden sie einiges wieder  und noch viel mehr:

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

3 thoughts on “Warum Cartier-Bresson für Leica so wichtig ist

  1. http://www.43rumors.com/look-at-what-m-43-cameras-can-do-nice-work-done-by-amos-chapple-2/

    Ach……..wie gesagt, es ist der Fotograf der einer Kamera leben einhaucht…..und nicht andersherum. Capa sagte ja nicht „When your pictures ain’t good enough, your not using a Leica“ oder. Was im Übrigen auch nicht heist das man mit einer Leica keine gute Fotos machen kann oder dass es schlechte Kamera’s sind (weit gefehlt eine M9 ist sogar eine verdammt gute Kamera in ihrer specifischen, fotografischen Nische)……aber ich denke, dass viele der Leica kunden (wie zum beispiel Victoria Beckham) eher den Nahmen als die Kamera wichtig finden.

    Grüsse, Ed

  2. Aus meiner Sicht gibt es weitere Gründe warum sich mancher Fotograf – ganz gleich ob Profi, Semi oder Amateur – für eine Leica M entscheidet. Ich persönlich besitze seit den 80er Jahren Spiegelreflexkameras von Nikon. Ich hätte gerne eine Leica M9, doch sie ist für mich „unerschwinglich“. Ich würde eine Leica M9 aus folgenden Gründen kaufen: 1. Sie ist sehr schön, 2. Sie ist im Gegensatz zu einer DSLR klein und unaufdringlich und 3. Sie macht exzellente Bilder. Eigenschaften die jede DSLR einer beliebigen Marke nur im dritten Punkt erfüllt. Ganz ehrlich, ich finde meine Nikon D800 toll, doch im Vergleich zur Leica M9 ist diese hässlich wie die Nacht. Umso schlimmer steht es um DSLR-Kameras von Canon (Collani-Seifenschalen-Ergonomie der 90er – bäähhh …). Die M9 bedient eine Nische, die zur Zeit kein Unternehmen leider richtig bedient. D.h. eine schöne „unscheinbare“ kompakte Kleinbild mit Vollformatsensor, mit sehr guten Objektiven und entsprechenden Aufnahmequalitäten. Fuji versucht dies mit der XPro1. Diese hat tolle 3 Objektive als Festbrennweiten. Doch ist die XPro1 weit entfernt von schönem Design – sie hat allenfalls den Flair einer fetten Kompakten aus den 80ern – das war es dann schon auch. Sony hat mit der NEX-Serie schöne Kameras, doch was den Sucher und die Objektive angeht bleiben diese dann doch auf der Strecke. Im Grunde machen es alle anderen Unternehmen der Leica M9 leicht, diesen hohen Preis zu fordern, denn sie bieten nichts wirklich vergleichbares! Ich kann nur jeden beneiden, der diesen Preis für eine M9 zahlt und sich damit eine wirklich schöne Kamera aneignet.

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