Jindřich Štreit, Village People 1965-1990

Kann man mit Fotografien eine soziale Landschaft malen?

Wenn es einer kann dann Jindřich Štreit.

In dem Buch Village People 1965-1990 wird ohne viele Worte viel gezeigt und erzählt, was man so nie hätte in Worte fassen können.

Sozialdokumentarische Fotografie kann unglaublich interessant sein, wenn sie in ihren Fotos mehr erzählt als auf den ersten Blick zu sehen ist.

Jindrich Streit ist so ein Fotograf.

Wenn Sie einen Blick auf einige der Fotos werfen, verstehen Sie sofort, was ich meine.

So ist im Verlag Buchkunst Berlin ein wahres Kleinod entstanden.

Jindřich Štreit arbeitete als Lehrer in einem dörflichen Bereich am Altvatergebirge. Daher konnte er Fotos machen, die nah dran sind.

Hier wird eine Zeit und eine soziale Gemengelage sichtbar, die zeigt wie es damals von 1965-1990 im ländlichen Raum war.

Im Prinzip zeigt er nur das, was er gesehen hat.

Aber genau dies ist das Gold der Dokumentarfotografie.

In seinem Fall ein Glücksfall, weil er die bizarren Widersprüche zwischen Schein und Sein im Sozialismus vor Ort auf den Punkt bringt.

Seine Fotos erzählen die Geschichten von Menschen, die unter diesen sozialen Bedingungen versuchen, ihr Menschsein nicht aufzugeben und mit den entmutigenden Widersprüchen zu leben.

Er zeigt die kleinen Leute, die keine Stimme haben im Chor der Mächtigen.

So entsteht eine visuelle soziale Landschaft, die durch ihr dokumentierendes Zeigen zugleich die Fragen aufwirft, die solche Fotos eben aufwerfen, wenn sie soziales Elend, falsche Versprechen, Hoffnung und erlebte Hoffnungslosigkeit und vieles mehr zeigen.

Dabei ist dieses Buch aber kein trauriges Buch, sondern ein starkes Buch voller Zuversicht, weil es neben Menschen, die am Ende sind auch Menschen zeigt, die sich nicht unterkriegen lassen.

Im Nachwort des Buches werden sehr schön die verschiedenen Schwerpunkte bei den Motiven erläutert, so daß wir als nicht Beteiligte dies alles wunderbar einordnen können.

Das Buch ist authentisch, ehrlich und spannend und erzählt von denen, über die man selten oder gar nicht spricht.

Es ist großartig, stark und ein Juwel. Es ist unbedingt empfehlenswert.

Das Buch ist direkt bei Buchkunst Berlin bestellbar.

JINDŘICH ŠTREIT – VILLAGE PEOPLE 1965–1990
Herausgeber: Thomas Gust, Ana Druga
Fotografien: © Jindřich Štreit
Text: © Vladimír Birgus
Fotoauswahl: Thomas Gust, Ana Druga, Vladimír Birgus
Konzept und Design: Thomas Gust, Ana Druga
Scan: Thomas Gust
Bildretusche und Litho: Ana Druga
Deutsche Übersetzung: Jana Lüth
Deutsches Lektorat: Maren Mittentzwey
Englische Übersetzung: Derek & Marzia Paton
Englisches Lektorat: Mike Wong
Französische Übersetzung: Virginie Maisonobe
Französisches Lektorat: Josie Mély
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch
Druck und Bindung: Wanderer Druckerei, Germany
Fester Einband / Leineneinband
137 Schwarz-Weiß Abbildungen / Triton Druck / 22,5 cm x. 30,5 cm
1. Auflage Dezember 2020
Verlag Buchkunst Berlin
ISBN 978-3-9819805-6-1

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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