Street21 – Streetfotografie in der Praxis neu definiert – Street Life international

Die italienische Zeitschrift Il Fotografo hat in der Ausgabe 327 einen Schwerpunkt auf Street Photography gelegt. Diese Ausgabe gibt es elektronisch in italienischer und englischer Sprache.

Ich halte diese Ausgabe für sehr informativ und aktuell wegweisend. Dort wird aus globaler oder auf jeden Fall grenzüberschreitender Perspektive über Streetfotografie heute geschrieben.

Angelo Ferrillo schreibt dort, daß sich Streetfotografie „from photographic genre to way of being“ also von einer fotografischen Gattung zu einer Art zu leben entwickelt hat.

Mit Fotografie leben in diesem Fall.

Er macht dies am Beispiel von Blake Andrews fest, der in New York ein Panoramafoto mit einem Iphone machte, das später zum Foto des Monats bei in-public gekürt wurde. Dies führte im Kollektiv in-public zu Debatten über die Frage, was Streetfotografie darf und letztlich zur Auflösung in bisheriger Form.

In Deutschland ist diese Debatte an mir vorbeigegangen, wenn es sie denn gegeben hat. Aber in jedem Fall zeigt dies, daß Fotografie immer jung bleibt, weil sie neue Technik auch neu nutzt.

Natürlich bin ich ein Verfechter meiner klassischen Streetfotografie im Sinne von Cartier-Bresson. Aber auch die muß man ja neu sehen.

Und daneben gibt es parallele Welten, die erst mit neuer Technik entstanden sind und denen man ihr Existenzrecht nicht absprechen sollte. Umgekehrt ersetzen sie aber die klassische Art der Streetfotografie auch nicht.

Ferrillo nennt vier Webseiten, die in seinen Augen aktuell Streetfotografie darstellen:

  • in-public.com
  • upphotographers.com
  • mignon.it
  • streetphotographyinternational.com

Ich habe hier noch mehr verlinkt, weil die Welt doch größer ist…

Diese Ausgabe des Il Fotografo ist inhaltlich ziemlich inspirierend.

Barbara Silbe beleuchtet in ihrem Artikel dann einen anderen Aspekt. Aus ihrer Sicht war Saul Leiter der Pionier der Streetfotografie in Farbe. Damit öffnet sich natürlich ein weites Feld.

Als dritte Person aus dem Magazin möchte ich Raffaella Ferrari nennen, die in ihrem Artikel Henri Cartier-Bresson zitiert, der gesagt hat, „… wenn man fischen geht, muß man nicht aufs Wasser starren.“

Dabei geht es darum die Aufmerksamkeit nicht zu eng zu fixieren.

Es gibt noch mehr Artikel und Autoren in diesem Heft.

Die insgesamt 72 Seiten enthalten viele Fotos und richtig gute Texte. Für mich persönlich dokumentiert sich in diesem Magazin die neue Sicht auf einen alten Begriff.

Bemerkenswerterweise beziehen sich aber alle Autorinnen und Autoren irgendwie auf Cartier-Bresson.

Man kann vielleicht sagen, daß sich die neue Strassenfotografie außerhalb der alten Grenzen bewegt aber innerhalb des Strassenlebens.

Deutschland kommt international nicht vor.

Wenn ich nach Deutschland blicke, dann gibt es ja das Buch Streetfotografie made in Germany, über das ich auch schon geschrieben habe. Das Buch hat den Nachteil, daß Fotos aus Tokyo, London, Rom, Barcelona, Südtirol etc. gar nicht aus Deutschland stammen, lediglich die Fotografen selbst. Es versucht aber Antworten zu geben auf das, was 2018 alles unter diesem Begriff in der medialen Szene verstanden wird. Das gab es auch schon vorher und zeigt, daß die ständige Neuerfindung die Fotografie und die Strassenfotografie immer jung halten..

Interessant ist das aus diesem Umfeld stammende Strassenfotografie-Festival.

Darüber kann man länger nachdenken…

Die im Buch angegebene Webseite germanstreetphotography.com versucht „die“ deutsche Webseite zur Streetfotografie zu sein. Das kann nicht gelingen, aber es ist ein Einstieg.

Ich empfehle ergänzend einige Fotos von mir, in Deutschland aufgenommen und ungestellt so wie hier verlinkt.

Andere Beispiele gibt es hier.

Denn Streetfotografie muß auch nach dem Verständnis bei Il Fotografo ungestellt bleiben und erfordert daher Aufmerksamkeit a la Cartier-Bresson.

Und wenn die Fotos dann nicht irgendwie „beissen“, dann haben sie keinen Biss.

Hier beginnt nun der Raum für eigene Gedanken und neue fotografische und soziale Entwicklungen.

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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