Das Leiden von Dokumentarfotografen – Hoffnungslosigkeit und Undankbarkeit als Kern sozialer Fotografie

„Wertschätzung hat der Fotograf nur von einem kleinen Kreis von Kollegen erfahren. In seinem Letzten Lebensjahrzehnt fiel es ihm zunehmend schwer, aus den Erlösen fotografischer Arbeit seinen Unterhalt zu bestreiten. Die materielle Not war erdrückend. Hine lebte von Sozialleistungen, am Ende wurde sogar das Haus seiner Familie zwangsversteigert.“

Das war das Ergebnis für Lewis Hine, weil er sich so engagiert hatte.

„Nach dem Krieg wurde Friedrich Mitglied der Sozialistischen Partei Frankreichs. Seit 1947 warb er in Paris für den Wiederaufbau eines neuen Anti-Kriegsmuseums. Von einem internationalen Fonds erhielt er 1.000 Dollar. Davon kaufte er einen Schleppkahn, den er zum Friedensschiff Arche de Noé umbaute. Es lag an einer Seine-Insel bei Villeneuve-la-Garenne. Er gab drei Nummern der Zeitschrift Bordbrief heraus (1950–1953). 1954 erhielt er für den Verlust seines Besitzes und erlittene körperliche Schäden im „Dritten Reich“ eine Entschädigung. Er kaufte daraufhin etwa 3.000 Quadratmeter Wald auf einer Seine-Insel nahe Le Perreux-sur-Marne. Dort errichtete er 1954 ein internationales Jugendzentrum. Ab 1961 war es eine internationale Begegnungsstätte der arbeitenden Jugend. Ernst Friedrich, der in seinen letzten Lebensjahren von schweren Depressionen gepeinigt wurde, starb „wie er stets gelebt hatte: arm an Besitz, aber überreich an Visionen“.[8] Sein Grab befindet sich in der 5. Division auf dem Friedhof von Le Perreux-sur-Marne, Département Val-de-Marne.[9] Die Friedensinsel wurde nach dem Tod Friedrichs verkauft. Der schriftliche Nachlass wurde vernichtet.[8]

Das war das Ergebnis für Ernst Friedrich, der Krieg dem Kriege mit Fotografien geführt hatte.

„Martina Mettner hat in ihrem Buch Fotografie mit Leidenschaft dem Buch The Americans und der Person Robert Frank ein ganzes Kapitel gewidmet. Sie schildert dort wie Fotografie mit Leidenschaft echte Leiden schafft. Das Buch hatte eine Druckauflage von 2600 Exemplaren von denen 1100 verkauft wurden und Robert Frank verdiente damit ca. 800 Dollar. Für das Buch erhielt er öffentlich viele Prügel und das Buch wurde zerrissen. Einzig der New Yorker urteilte über das Buch, dass es „die Charakteristik des amerikanischen Lebens … mit brutaler Sensibilität entblößt.“ Danach verschwand das Buch in der Versenkung. Erst mehr als zwanzig Jahre später wurde es 1978 durch den einflussreichen John Szarkowski rückblickend zum wichtigsten Fotobuch in der amerikanischen Fotografie der 50er Jahre erklärt. Frau Mettner hat Robert Frank beispielhaft für die Transformation eines Fotografen zum Künstler dargestellt. Für sie ist das Buch ein „wunderbarer Beleg dafür, dass Knipsen und Kunst zusammengehen können“. Robert Frank hat nach diesem Buch viele Jahre mit der Fotografie aufgehört. Im Buch von Patricia Bosworth über Diane Arbus schildert die Autorin das Leben und das Verhältnis zwischen Diane und Frank. Dabei wird deutlich, dass Frank von der Fotografie kaum leben konnte. „Bei Frank und seinen Freunden wurde das Thema Geld nie angeschnitten. (Um die Miete bezahlen zu können, nahm man alle möglichen Jobs an),“

Das war das Ergebnis für Robert Frank, der ganz spät dann noch Ruhm und Ehre erhielt.

Nur wer fotografiert, was sozial nicht unangenehm ist und nicht gegen die Herrschenden verstößt, kann schnell zu Geld und Erfolg kommen – denn Erfolg ist eine soziale Definition der Herrschenden.

Ist es heute anders?

Nein.

Und es ist keine Besserung in Sicht.

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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